Historisches

WAR MICHELANGELO ETWA EIN „REVOLUZZER“

 

Das Autorenduo

Hermann Alexander Beyeler & Gerd J. Schneeweis

Sicher eine ebenso ketzerische, wie spannende Frage, oder? Dem wollen wir nachgehen.

Beginnen wir alsoeinfach mal mit einem kleinen Ratespiel:

Schau dir mal die vier Fotos (a. b. c. d.) an. Frage: welche Münze gehört zu welchem Kopf?

a

b

c

d

Richtig geraten: Kopf a. gehört zu Münze c.

und Kopf b. gehört zu Münze d.

Auf den zeitgenössischen Münzen c. und d. ist auch vermerkt, WER dort abgebildet ist:

Auf Münze c. ist es Papst Clemens VII. und auf Münze d. ist es Kaiser Karl V.

Damit steht logischerweise auch fest, dass Kopf a. ebenfalls Papst Clemens VII. darstellt und das Kopf b. derjenige von Kaiser Karl V. ist.

 

 

So, dann schauen wir uns jetzt mal an, woher denn die beiden Köpfe stammen. Das ist einfach: Michelangelo hat sie in seinem Fresko vom „Jüngsten Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle verewigt. Wir haben die „Köpfe“ nämlich sozusagen aus dem Fresko „herausgeschnitten“ und diese den Münzenfotos gegenüber gestellt. Das ist doch immer noch alles logisch, oder?

Jeder, der sich ein bisschen damit auskennt, weiß aber, dass die beiden Figuren, denen wir die Köpfe „herausgeschnitten“ haben, die Apostel Paulus und (ihm gegenüber) der Apostel Johannes d. Täufer darstellen.

Weil es zu Zeiten Christi weder Portraitmaler, geschweigen denn Fotografen gab, weiß  bis heute niemand, wie die Apostel damals wirklich ausgeschaut haben. Sie waren also seitdem immer sozusagen „gesichtslos“. Um die Apostel wenigstens ein wenig unterscheiden, bzw erkennen zu können, hat man ihnen auf Abbildungen dann sog. Attribute zugeordnet. Wie Petrus zum Beispiel, immer der mit den Schlüsseln ist, und wenn ein Apostel mit einem Geldbeutel abgebildet wird, dann ist das seit jeher der Apostel Judas. Immer noch ganz einfach, oder?

 

Wenn das alles „klar“ ist, dann stellt sich doch jetzt eine ganz logische Frage: „Warum hat Michelangelo mit dieser althergebrachten Tradition gebrochen und in seiner Version des „Jüngsten Gerichts“ 2 zeitgenössische Personen abgebildet und in die Rollen von Petrus und Johannes dem Täufer schlüpfen lassen?

Noch spannender wird´s, wenn wir hier verraten, dass Michelangelo der einzige Künstler war, der gegen diese eiserne (wenn auch ungeschriebene) Regel der sog. Ikonografie verstoßen hat. Das hat weder vor, geschweige denn nach ihm niemand mehr gewagt…

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